Heiße Samba-Rhythmen als grandioser Schlusspunkt
Von Gerd Klingeberg
Jan. 2020
Clarinet News bewegen sich mit virtuosem Spiel gerne mal etwas abseits klassischer pfade
Von Gerd Klingeberg
Bremen. Ihr Auftritt im Sendesaal in den ersten Tagen jedes neuen Jahres hat längst Kulturcharakter: Die sechs Klarinettisten von Clarinet News sind allesamt ausgemachte Könner ihrer Sparte, die sich mit musikantischem Enthusiasmus und virtuosem Spiel auch gerne mal etwas abseits klassischer Pfade tummeln. Ihr diesmaliges Motto heißt „Cinema“. Mit allem Drum und Dran.
Das verdeutlicht schon die anfängliche Fox-Fanfare, die jeder Hörer sofort mit Leinwandklassikern assoziiert. Ploppig angespieltes „Popcorn“ gehört auch dazu; aber bevor sich cer vertonte Puffmais dauerhaft im Gehörgang festsetzt, wechselt as Sextett zu „Ice Cream“. Was indes kaum weniger Ohrwurmpotenzial besitzt, zumal wenn es so gar nicht verfroren, sondern heißblütig, mit Waschbrettgeschrubbe untermalt und zudem gesanglich vorgetragen wird.
Zum Publikumsquiz werden zwei „Kinothek“-Nummern des Filmmusikkomponisten Giuseppe Becce, der sich mit passenden Motiven für die Untermalung von Stummfilmen befasste. Nicht raten muss man hingegen bei John Williams` „Hedwig’s Theme“ das sofort als bekannte „Harry Potter“-Melodie zu identifizieren ist. „Smile“ ist dagegen das absolute Highlight aus dem filmischen Œuvre von Charlie Chaplin: ein zauberhaft vertontes Lächeln mit einer dicken Träne im Knopfloch. Und einfach zum Heulen schön. Aus den 30ern des vergangenen Jahrhunderts stammt der Ulkschlager „Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche“, den der immer für einen Spaß zu habende Frontmann Marco Thomas textsicher präsentiert. Und klar: mit passender Geräuschkulisse samt Knalltüte als Schlusston. Die Arrangements aller Programmpunkte sind durchweg pfiffig und raffiniert gemacht; ein Großteil der Bearbeitungen, bei denen diverse Klarinetten und Saxofone zum Einsatz kommen, stammt aus der Feder von Ensemblemitglied Jan Doormann. Eher harmlos mutet die Suite zum Hitchcock-Klassiker „Psycho“ an. Doch unter den weichgespülten Klängen lauert das Unheil – was offensichtlich wird druch den finalen, markerschütternd gellenden Schrei. Ausgestoßen hat ihn Regine Müller, die einzige Frau des Sextetts, keineswegs quotenmäßig, sondern mit ihren klarinettistischen Fähigkeiten den fünf Kollegen absolut ebenbürtig.
Natürlich hat auch Klassisches, Nachdenkliches sowie Besinnliches im Programm seinen Platz: etwa das Thema aus „Schindlers Liste“ oder das unvergleichlich berückende, schmusezart angestimmte Adagio KV 622 von Wolfgang Amadeus Mozart, das durch „Jenseits von Afrika“ noch populärer wurde. Die unterhaltsame, lockere humorvolle Seite überwiegt indes. Nicht nur bei den kurzen Anmoderationen von Marco Thomas. „Pink Panther“ und „King Louie“ swingen ebenso munter und ausgelassen wie die „James Bond“-Titelmelodie oder „New York, New York“, bis mit fetzig heißen Samba-Rhythmen von „Aquarela do Brasil“ ein grandioser Schlusspunkt gesetzt wird.